Mit Autismus Berufsausbildung geschafft

Ein Auszubildender und ein Verwaltungsleiter schildern ihre Eindrücke
Fabian Kirchmann
15. Oktober 2016

Der Auszubildende Fabian Kirchmann erzählt:

Als Asperger Autist mit Fachabitur einen Ausbildungsplatz zu finden, erfordert Ausdauer. Durch den Integrationsfachdienst Lindau kam ich nach Sankt Georg. Das KJF Berufsbildungs- und Jugendhilfezentrum in Kempten stellte mir eine Ausbildung zum damaligen Kaufmann für Bürokommunikation in Aussicht.  Durch eine viermonatige Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme (BVB)  lernte ich den Bereich Empfang kennen. Dem schloss sich eine einjährige Einstiegsqualifizierung an. Schließlich erhielt ich als Auszubildender mit Reha-Status einen Ausbildungsplatz im Berufsbildungswerk und ein ruhiges Einzelbüro, in dem ich meine Bürotätigkeiten erledigen konnte.

Meine Aufgabenfelder waren zum Beispiel Rechnungen für externe Dienstleistungen unserer Garten- und Landschaftsbauer zu schreiben. Außerdem kümmerte ich mich um das Bürolager und Büromaterialbeschaffungen. In dieser Funktion sammelte ich viele Bestellungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, bestellte monatlich und prüfte danach den Wareneingang. Das Material wurde anschließend in Paketen an die einzelnen Besteller verteilt.  

Mittlerweile nahm ein immer größerer Teil die Berufsorientierung ein. Ich bereitete die Maßnahme durch Drucken und das Eingeben von Bögen vor. Ich verbrachte neun Monate im Empfang. Zusätzlich erhielte ich Einblicke durch Praktika in die Buchhaltung und der Personalverwaltung in unserem Haus. Ich hospitierte in der Personalabteilung der KJF in Augsburg. Außerdem konnte ich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei folgenden interessanten Herausforderungen unterstützen: Bei der Eingabe von Daten bei Evaluationen, beim Erstellen von Präsentationen, Mindesthaltbarkeit bei Feuerlöschern überprüfen, Versenden von Serienbriefen, Auswerten von Zeitzuschlägen, Überarbeitung der Telefonlisten und Erstellen von Word- sowie Excel-Formularen. Ich danke den Kolleginnen und Kollegen für ihre Geduld und die gute Zusammenarbeit.

Ans Herz gewachsen und Lösungsweg gefunden

Verwaltungsleiter Dr. Norbert Turulski berichtet: 

Beim ersten Kontakt mit Fabian Kirchmann hatte ich einen sehr guten Eindruck von dem Bewerber. Er wirkte sehr engagiert und intelligent, verbunden mit einer hohen Auffassungsgabe. Über das Krankheitsbild des Asperger Syndroms hatte ich nur laienhafte Vorstellungen und musste mich per Internet-Recherche und in Gesprächen mit unserem Fachdienst ein wenig schlau machen. Trotzdem wollte ich es mit ihm versuchen und wir vereinbarten mit ihm eine Einstiegsqualifizierung in der Verwaltung. Ziel war es, ihn danach bei gutem Verlauf in ein normales duales Ausbildungsverhältnis als Kaufmann für Büroorganisation zu übernehmen. 

Wir stellten jedoch bald fest, dass Fabian Kirchmann fachlich und methodisch unseren Anforderungen sehr gut gewachsen war, aber aufgrund seiner Krankheit sehr hohe Anforderungen an die Mitarbeiter stellte: Den notwendigen hohen Betreuungsaufwand konnten wir so in unserer kleinen Verwaltung nicht leisten. Was konnten wir also tun? Fabian Kirchmann war uns aufgrund seiner sympathischen Art auch ein wenig ans Herz gewachsen und die Einstiegsqualifizierung einfach so zu beenden, ohne eine weitere berufliche Perspektive für ihn kam für uns nicht in Frage. Die Chancen auf dem Ausbildungsmarkt standen für ihn nicht gut.

Nach sehr konstruktiven Gesprächen mit Mitarbeitern der Arbeitsagentur nahmen ihn als Auszubildenden in unserem Berufsbildungswerk Kempten auf. Hier konnten wir für ihn einen auf seine Bedürfnisse zugeschnitten Arbeitsplatz einrichten und ihm auch die Betreuung und Unterstützung geben, die er gebraucht hat. Er konnte auch ganz normal am Berufsschulunterricht in der kaufmännischen Klasse der örtlichen Berufsschule teilnehmen. Wir sind froh, dass er jetzt seine Ausbildung mit gutem Erfolg abgeschlossen hat und unterstützen ihn bei der Arbeitssuche. Die positiven Erfahrungen, die wir mit Fabian Kirchmann gemacht haben, haben uns dazu veranlasst, einen Nachfolgerin oder Nachfolger im Ausbildungsberuf „Kauffmann/-frau für Bürokommunikation“ zu suchen.